Rechtsprechungstipp: Mangelhaftigkeit einer Außenwandabdichtung trotz Konformität mit DIN 18195-6 bzw. DIN 18533
Leitsätze
- Die Außenwandabdichtung mittels Kombinationslösung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung entspricht für den Wasserlastfall aufstauendes Sickerwasser – trotz Konformität mit den Regelungen der DIN 18195-6 bzw. DIN 18533 – nicht den anerkannten Regeln der Technik.
- Die von der Regelung der vorgenannten DIN ausgehende Vermutungswirkung sieht der Senat – insbesondere aufgrund der Vielzahl an aufgetretenen Schadensfällen – als widerlegt an.
Aus den Gründen
Das Werk der Beklagten ist mangelhaft i.S.v. § 633 Abs. 2 S. 1 BGB, da es insofern nicht die zwischen den Parteien vereinbarte Beschaffenheit aufweist, als die am streitgegenständlichen Gebäude der Klägerinnen installierte Abdichtung nicht funktionstauglich ist.
Bei der Bestimmung der Soll-Beschaffenheit kommt es in erster Linie auf die Vorstellungen der Parteien an. Ein weiterer Bestandteil des geschuldeten Erfolges ist außerdem die Funktionalität des Werkes; die Funktionalität ist zumeist (zumindest konkludent) Bestandteil der Beschaffenheitsvereinbarung (sog. funktionaler Mangelbegriff). Nach ständiger Rechtsprechung des BGH entspricht ein Werk dann nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn es nicht die vereinbarte Funktionstauglichkeit aufweist (BGH, Urteil vom 8. November 2007 – VII ZR 183/05 –, BGHZ 174, 110-126), und zwar ungeachtet der vertraglich vereinbarten Leistung oder Ausführungsart, der Einhaltung von DIN-Vorschriften oder der anerkannten Regeln der Technik. […]
Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt vorliegend ein negatives Abweichen der Ist- von der geschuldeten Sollbeschaffenheit vor.
Zwar steht nicht in Streit, dass die am Gebäude der Klägerinnen ausgeführte Abdichtung in Form einer Kombination aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung den Vorgaben der durch den notariellen Kaufvertrag in Bezug genommenen Baubeschreibung entsprach.
Allerdings ist zwischen den Parteien ebenso unstreitig, dass es zu einem Wassereintritt von außen in die Kellerräume der Klägerinnen gekommen ist. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Wassereintritt in die Kellerräume Symptom einer Undichtigkeit der ausgeführten Abdichtung ist, die Abdichtung mithin die ihr zugedachte Funktion nicht erfüllt hat. Hiervon geht letztlich auch die Beklagte selbst aus, was ihre vorgerichtlich signalisierte Bereitschaft zeigt, Nachbesserungsarbeiten an den Kellerwänden im Hause der Klägerinnen durchzuführen.
Demnach weist die Werkleistung der Beklagten, ungeachtet der Tatsache, dass die ausgeführte Abdichtung dem Vertragstext oder DIN-Vorschriften entspricht, jedenfalls aufgrund ihrer mangelnden Funktionstauglichkeit nicht die Beschaffenheit auf, die die Parteien – zumindest konkludent – vereinbart haben.
Der Senat wurde durch die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. U in seiner Entscheidung bestärkt. Der Sachverständige hat festgestellt und im Rahmen seiner Anhörung im Senatstermin nochmals nachvollziehbar und anschaulich erklärt, dass die alleinige Ursache des Wassereintritts im Versagen der ausgeführten Kombinationsabdichtung liege. Denn die ausgeführte Kombinationsabdichtung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung könne für den – hier vorliegenden – Wasserlastfall »aufstauendes Sickerwasser« keine dauerhafte Dichtigkeit erzeugen, weil eine dauerhafte Verbindung von WU-Betonplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung nicht gewährleistet sei. In das Gebäude der Klägerinnen sei Wasser lediglich in den unteren Wandbereichen eingedrungen, genau dort, wo die Verbindung aus WU-Betonbodenplatte und kunststoffmodifizierter Bitumendickbeschichtung offensichtlich versagt habe.
Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. U nach eigener Sachprüfung vollumfänglich an. Der Sachverständige U ist dem Senat bereits aus anderen Rechtsstreitigkeiten, an denen er als Bausachverständiger beteiligt war, als kompetent, sorgfältig und gewissenhaft bekannt. Sein Gutachten ist insgesamt widerspruchsfrei, detailliert und nachvollziehbar. Es lässt erkennen, dass sich der Sachverständige mit den Beweisfragen in sorgfältiger Weise auseinandergesetzt hat. Der Sachverständige hat den gesamten Akteninhalt berücksichtigt und ausgewertet. Zudem hat sich der Sachverständige im Rahmen eines durchgeführten Ortstermins selbst ein Bild von den örtlichen Verhältnissen gemacht und weitere Untersuchungen, insbesondere partielle Bauteilöffnungen, vorgenommen. Seine Feststellungen hat der Sachverständige im Rahmen einer Anhörung im Senatstermin vom 28.06.2019 glaubhaft bekräftigt, sich insbesondere mit den Einwendungen der Parteien eingehend befasst und zu diesen in schlüssiger und nachvollziehbarer Weise Stellung genommen.
OLG Hamm, Urteil vom 14.08.2019, Az. 12 U 73/18
Quelle: Der Bausachverständige 01-02 /2020